Smarte Küstenregion - Building Block Smart Governance

v.l. Ina-Maria Ulbrich (Staatssekretärin EM), Prof. Dr. Matthias Wißotzki (InnovationPort Wismar), (Bild: Digitales Innovationszentrum Rostock)

Unabhängig davon welche Themen wir im Rahmen der Smarten Küstenregion betrachten werden wir immer auch Aspekte der öffentlichen Verwaltung diskutieren müssen, denn neue Lösungen im urbanen und ländlichen Raum werfen auch neue Anforderungen in Richtung Regierungs- und Verwaltungshandelns auf. Diese Lösungen beinhalten häufig auch ein neues digitales Servicesangebot durch die Verwaltung, welche auf einer entsprechenden technologischen Infrastruktur bereitgestellt werden muss, selbstverständlich unter Berücksichtigung des geltenden Rechts und Sicherheit.

Was ist Smart Governance?

  • Smart Governance umfasst technologieunterstützte Veränderungen sowie neue Nutzungsmöglichkeiten im  Regierungs- und Verwaltungshandeln. Die Kommunikation und Interaktion wird durch die Bereitstellung von Services aller Art charakterisiert.
  • Als Akteure stehen neben der EU, dem Bund, den Ländern und Kommunen mit Steuerungs- und Regelungsfunktion auch die Privatwirtschaft und die gesamte Öffentlichkeit (Initiativen, Vereine und Interessensvertretungen) im Fokus.
  • Insbesondere die Durchführung demokratischer Prozesse kann durch Smart Governance unterstützt werden. HIer kann zwischen direkt-demokratischen und indirekt-demokratischen Formen unterschieden werden. Folgende Beispiele beschreiben Ausprägungen direktdemogratischer Lösungen [1]
    • Internetwahlen/ E-Voting: Wahlen oder Referenden die Stimme über das Internet abzugeben
    • E-Protest: Verknüpfungen für Protestaktionen, etwa über die Webpräsenz einer Bürgerinitiative
    • E-Activism: Internet-basierende Bottom-up-Initiativen
    • E-Partizipation: Einflussnahme auf politischen Entscheidungen über das Internet, etwa bei Bauvorhaben oder Planungsprozessen (Citizen-Sourcing: Schadensmelder
    • Online Deliberation: ergänzend zu den Merkmalen der E-Partizipation, Parlamenten und Verwaltungen eigene Vorschläge zu machen und gemeinsam zu beratschlagen
  • Indirekt-demokratischen Ansätze beziehen sich häufig auf palamentarische bzw. parteibezogenen Lösungen [1]:
    • E-Information:  Einstieg in die elektronische Willensbildung, zum Beispiel über eine Bereitstellung von Informationen auf der Webpräsenz einzelner Politiker
    • E-Parliament: bezieht den Bürger in parlamentarische Arbeit ein, etwa durch Diskussionsforen auf der Webpräsenz der Parlamente.
    • E-Party: bietet Parteimitgliedern Möglichkeiten zur Mitarbeit über das Internet.
    • E-Petitioning: (Online-Petition) bietet Bürgern die Möglichkeit den Petitionsausschüssen der Parlamente direkt Fragen zu stellen und Missstände aufzuzeigen
    • Internetwahlkampf: stellt Informationen von Wahlkämpfern bereit.

Was bedeutet das nun genau für eine Smart City

Beispiel Handy Parken: Ich denke, dass ist für viele eine Erleichterung, aber die App dafür zu entwickeln ist die einfachste Komponente der Servicebereitstellung. Die Anbindung an die Verwaltung / Ordnungsamt, Ausbildung der Mitarbeiter, Bereitstellung der Infrastruktur und Abrechnung des Serviceanbieters sind nur ein paar Punkte. Gerade im urbanen Bürgernahen/ partizipativen Bereich gibt es viele ähnliche Projekte aus den Bereichen Schadensmeldung, Abfallmanagement, Sicherheit, Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel…

Beispiel Hundesteueranmeldung: Gehen wir mal davon aus, dass wir 400 Neuanmeldung für Hunde in einer Stadt haben. Diese müssen hinsichtlich der Steueranmeldung registriert werden, bedeutet, dass diese 400 Hundebesitzer die Verwaltung aufsuchen, um die Anmeldung vor Ort vorzunehmen. Dieser Prozess frisst nicht nur den Zeitaufwand von 400 Einzelpersonen, sondern verzehrt auch Ressourcen durch die die Nutzung von Verkehrsmitteln. Allein dieser Umstand ist es wert, einen Service bereitzustellen, welcher den zeitlichen Aufwand und Anfahrten minimiert - flächendeckend hat das ökologische und ggf. sogar volkswirtschaftliche Auswirkungen. Interessant an diesem Beispiel soll sein, dass es nicht zwingend notwendig ist, diesen Service im ersten Schritt vollständig durch die Verwaltung zu integrieren - selbst wenn alle Anträge im ersten Schritt nur als ausgedrucktes PDF Formular auf dem Tisch des Sachgebiets liegen, haben 400 Menschen Zeit gespart und etwas für die Umwelt getan - ohne den Arbeitsaufwand des Sachgebiets wesentlich zu verändern.

Beispiel Bündelung öffentlicher Nahverkehr: Dies waren jetzt mal zwei Service-Beispiele, - einmal Drittanbieter und einmal direkt durch eine Stadt. Es besteht auch die Möglichkeit der Bündelung von Serviceanbietern. Dazu können sich staatliche, halbstaatliche und private Institutionen in so genannte Public Private Partnerships (PPP) zusammenschließen. Wollen wir zum Beispiel mit einer Karte oder unserem Handy in gesamt Rostock viele unterschiedliche Services nutzen: Eine Sporthalle mieten, öffentliche Verkehrsmittel nutzen, Theater usw. besuchen - alles mit einem Zugang.

Diese Orchestrierung ist technisch durchaus lösbar und für eine Smarte Küstenregion durchaus erstrebenswert (wenn diese denn Bedarfsgerecht erfolgt), aber aus Geschäfts- und Anwendungsarchitektursicht eine träge und langwierige Herausforderung darstellt, denn es werden eine ganze Reihe an Public Private Partnerships benötigt, prozessual als auch technologogisch (Geschäfts- und Anwendungsarchitektursicht ) koordiniert werden müssen.

Herausforderungen

Die sich daraus ergebenen Anforderungen hinsichtlich Entwicklung und Einbindung bürgernaher Services (unabhängig ob privat oder gewerblich) muss strukturell, methodisch und technologisch durch eine moderne Stadtverwaltung abgebildet werden. Eine Möglichkeit sind Service Oriented Architecturen, welche bereits in der Industrie ein verbreiteter Ansatz sind, aber im städtischen Kontext noch weitestgehend unbekannt.  Aber bevor wir technologisch Aspekte betrachten müssen wir mit den Menschen arbeiten. Digital Transformationen beginnt mit Human Transformation, die Veränderung beginnt erst in den Köpfen der Organisation und kann dann technologisch begleitet werden. Da wir heute mehrheitlich aus der Perspektive einzelner institutioneller Einheiten denken und nicht als Plattform gemeinsam handeln, wird ein Prozess benötigt, welche die Organisationen darauf hinführt. Die Ansätze aus dem klassischen Change Management sind ein guter Ausgangspunkt und müssen die beteiligten Institutionen und  Serviceanbieter der beteiligten Akteure durchdringen, um eine entsprechende Kollaboration aufzubauen. Des Weiteren ist es notwendig Institutions-übergreifende Architekturen inkl. Regelsysteme aufzustellen, was wiederum entsprechend modern ausgebildete Akteure bzw. entsprechend sensibilisierte Spezialisten benötigt - wichtig: Einzelkämpfer reichen nicht aus. In diesem Zusammenhang arbeiten wir derzeit in der Fachgruppe Wirtschaftsinformatik in Wismar an einem Masterstudium "Digitale öffentliche Verwaltung und Dienstleistungen".

Weitere Veranstaltungen zu dem Thema:

  • 17.03.2021- smart environment & engergy
  • 14.04.2021- smart people
  • 12.05.2021- smart living

 

Einzelnachweise:

 

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